Gemäß hebräischem Brauch endet ein Tag mit Sonnenuntergang und der neue Tag bricht mit der kommenden Nacht heran. So beginnt der Sabbat am Freitagabend und so beginnen die geweihten Nächte, die beiden Weihnachtstage der christlichen Kirchen bereits am Heiligen Abend. In der Heilsgeschichte des Christentums kommt es auf ein Wort an, auf ein Wort, das Fleisch geworden ist, wie es Johannes, die Evangelisten und die Apostel, insbesondere Paulus, in ihren hinterlassenen Schriften immer wieder ausdrücken und wie es übrigens auch die moderne Psychotherapie erkannt hat, denn es ändert sich nichts allein dadurch, dass wir das Richtige erkennen und sogar das Richtige wollen, sondern nur dann, wenn wir diesem Erkennen und Wollen auch in die lebendige Tat folgen, das Erkannte und Gewollte Fleisch werden und damit lebendig werden lassen. So wird es auch vom göttlichen Schöpfungsakt überliefert. Die Jesus-Geburt ist nach christlicher Überlieferung der zweite, folgerichtige Teil und leitet sich aus allen Verheißungen an Israel aus dem Alten Testament her. In der Beurteilung der Person Jesu unterscheiden sich allerdings die gläubigen Juden des Alten Bundes von den gläubigen Christen des neuen Bundes.
Im Johannes-Evangelium heißt es im Prolog:
1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.1 2 Im Anfang war es bei Gott. 3 Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.2 4 In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. 6 Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. 7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. 9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.3 10 Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. 11 Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. 14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.
Seit Urzeiten such der Mensch das Göttliche und findet Hinweise in der Schöpfung, in der ihn umgebenden Herrlichkeit der Natur und in den Beziehungen zu seinen Mitmenschen. Da den Menschen auch immer die Angst umgibt und verfolgt, vor den unkontrollierbaren Seiten der Naturgewalten, aber auch hinsichtlich der Absichten seiner Mitmenschen, die ähnlich den eigenen von Gier, Besitz- und Machtstreben oder Ekel und Ablehnung aus Unwissen durchtränkt und "gekränkt" sind, sucht er auch Heilung und ist der Heilung bedürftig. Nach der Bibel, nach den Aussagen des Alten und Neuen Testamentes sucht aber Gott auch den Menschen, seine Geschöpfe und findet einen Weg zu ihm, indem er sich ihm vertraut macht, sich ihm ähnlich macht, nachdem der Mensch seine Gottähnlichkeit in ängstlich entstellter Selbstermächtigung missdeutet und missbraucht hat, sich, den Nächsten und der Schöpfung Böses zu tun. Statt zu strafen, kommt der Höchste in Menschengestalt zu den Geringsten und macht sich noch geringer. Die Botschaft ist Vergebung, Barmherzigkeit, Liebe. Wessen Herz ist groß genug, dieses Senfkorn aufzunehmen und wachsen zu lassen? Das ist die Frage an uns alle.
Als dieser Sohn Gottes, Jesus, der Heiland, geboren wurde, heißt es in der Überlieferung des Lukas-Evangeliums, wurden auch zunächst die kleinen Leute informiert, damals noch von Engeln und nicht aus der Regenbogenpresse:
Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, 7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. 8 In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. 9 Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, 10 der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: 11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.3 12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. 13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: 14 Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.4
Schon im Altertum sehnten sich die Menschen nach dem Licht und die Wintersonnenwende galt schon in vorgeschichtlicher Zeit, wie Magalithenbauten, z.B. Stonehenge in England oder Newgrange in Irland ausweisen, als entscheidender Wendepunkt in einem Jahreszyklus. Die Dunkelheit nahm nicht mehr zu, die Nächte wurden nicht mehr länger und die Tage kürzer, sondern die Tage wurden wieder länger und das Licht blieb länger. Die Sonne schickte wieder ihre wärmenden Strahlen, um die Fruchtbarkeit der Erde aus dem Winterschlaf aufzuwecken. Im geistigen Sinne bleiben das unsere Aufgaben: Wach sein, uns aufwecken, im Geiste fruchtbar werden und mit den Ängsten klug umgehen: "Fürchtet Euch nicht!", heißt die dazu gehörige Botschaft, die dieses Jahr auch der Bundespräsident den Überfremdungsängsten in einer satten Gesellschaft vorhält und sie ist auch die Weihnachts-Botschaft eines Papstes Franziskus, der die "fünfzehn Krankheiten" der Kurie geißelte:
Aus Spiegel Online 22.12.2014
Weihnachtsansprache: Papst geißelt "spirituellen Alzheimer" in der Kurie
Bei seiner Weihnachtsansprache vor der römischen Kurie hat Papst Franziskus mit deutlichen Worten Kritik an der Bürokratie im Vatikan geübt. Der Pontifex sprach von "15 Krankheiten" der Kurie und nannte unter anderem: "sich unsterblich fühlen", "mentale Erstarrung", "den spirituellen Alzheimer" und den "Terrorismus des Geschwätzes"."Die Kurie ist dazu aufgerufen, sich zu verbessern und in Gemeinschaft, Heiligkeit und Weisheit zu wachsen", forderte der 78-Jährige. Der Papst warnte vor Gier und Egoismus. Er kritisierte die "Krankheit einer mentalen und spirituellen Erstarrung", die dazu führe, die notwendige menschliche Empathie zu verlieren. Unter der "Krankheit der Rivalität und Eitelkeit" litten diejenigen, die Titel und Auszeichnung suchten und nur an sich selbst glaubten. Auch die "Schizophrenie" derjenigen, die ein Doppelleben führten, prangerte Franziskus in seiner Ansprache an. Genauso schlimm sei die Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen. Auch die "Krankheit des Geschwätzes, des Gemunkels und des Tratsches" verurteilte der Papst. "Über diese Krankheit habe ich schon oft gesprochen, aber noch nicht genug", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Die Krankheiten seien eine Gefahr für jeden Christen, aber sie zu benennen und sich dessen bewusst zu sein, sei bereits der erste Schritt zur Besserung.
Die Botschaft, die von Weihnachten in die Welt hinaus gehen soll, ist nicht zuerst Innerlichkeit und Besinnlichkeit, wenn damit eine gemütliche Selbstzufriedenheit und satte Selbstbezogenheit gemeint sein sollte, sondern Einkehr in mein eigenes Herz, Aufräumen mit den eigenen Ängsten und Verhärtungen, Öffnung für die Welt, die Mitwelt, die Mitmenschen und alles, was ist, also Gott und Aufbruch in eine neue Freiheit des liebevollen sich Kümmerns und Sorgens, soweit es uns aufgetragen und in unser Erkennen und Können gestellt ist: "Fürchtet Euch nicht!" Und in dem wir diesen Weg beschreiten, wächst auch unsere Fähigkeit, zu erkennen und wächst auch unser Vermögen, mit der eigenen Unordnung und der menschengemachten Unordnung in der Welt aufzuräumen und zwar auf barmherzige, liebevolle und durchaus radikale und effektive Weise. Dazu ist keine Gewalt nötig, auch das ist die Botschaft von Weihnachten. In der Armut und Ohnmacht kann die Liebe überzeugen, was Macht und Gewalt, Herrschaft und Anmaßung niemals können noch jemals konnten. Daher ist Franziskus auch Recht zu geben, wenn er bei sich selbst und seinen engsten Beratern anfangen will, um die Kirche zu reformieren.