Original von Seraphine
Guten Abend.
Ich bin 27 Jahre alt und habe folgende Diagnosen. Posttraumatischebelastungsstöhrung, Borderline und Depressionen.
Guten Abend, Seraphine,
ein Haufen Diagnosen auf einmal. Wenn sie auch nur ein wenig "stimmen", ist es ja gut, dass Du damit in eine persönliche Therapiebeziehung gehst und nicht in erster Linie in's Internet.
Original von Seraphine
Bin der Zeit in einer stationären Therapie. Bin mir aber nicht sicher ob das was bringt Merke bis jetzt zumindest keine Verbesserung. Dann kommen noch die Symptome der Realitätsentfremdung dazu wo mir meine Therapeutin aber nicht sagen will woher sie kommen

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Das klingt nach einer elektiven, freiwilligen stationären Therapie, vielleicht sogar in einer Spezialklinik für Posttraumatische Belastungs- und Borderlinestörungen und nicht nach einer unfreiwilligen oder geschützten Behandlung wegen Suizidgefährdung im Rahmen Deiner Depression. Du hast die Behandlung also selbst gewählt und kannst bestimmen, ob und wann sie endet. Ob sie etwas bringt, kann man ja erst am Ende eines ernsthaften sich Einlassens auf einen Behandlungsweg entscheiden. Therapie ist Arbeit, keine Wellness-Veranstaltung. Manchmal geht es einem dadurch vorübergehend "schlechter". Deshalb ist man ja auch in einem etwas behüteterem Rahmen, nämlich auf der Psychotherapiestation einer Klinik. Du solltest Deine Empfindungen und Veränderungen mit Deinem Therapeuten oder Deiner Therapeutin besprechen.
Falls Du wirklich an einer Traumatisierungsfolge leidest, hast Du es vielleicht besonders schwer, Vertrauen aufzubauen. Dennoch ist nur eine vertrauensvolle persönliche Therapiebeziehung auf die Dauer hilfreich. Hast Du tatsächlich Borderline-Züge, wirst Du dazu neigen, schnell Hoffnung zu schöpfen und genauso schnell alles in Bausch und Bogen zu verdammen und eben noch als freundlich und tragfähig bewertete Beziehungen aus Enttäuschung zu entwerten und zu zerstören oder zumindest sehr stark zu prüfen und in Zweifel zu ziehen. Doch musst Du diese für Deine Problem typische Haltung aktiv und reflektiert angehen, denn was in früheren Beziehungen zerstört und verletzt worden ist, kann letztlich auch nur in neuerlichen guten Beziehungen wieder heilen. Die therapeutische Beziehung ist dafür eine Modellbeziehung, an der Du die dazu nötigen Schritte lernen und einüben kannst. Lasse Dich darauf ein!
Original von Seraphine
Vieleich hat Jemand einige Tipps wie ich was nun weiter machen soll und ob es sich überhaupt lohnt.
Würde mich über eine Antwort sehr freuen.
LG
Mein Tipp ist, zumal Dir dieses Forum keine therapierelevanten fachlichen Ratschläge erteilen kann, nicht im Internet Antworten zu suchen, sondern bei Deiner Therapeutin oder Deinem Therapeuten. Deine Fragen gehören in diese therapeutische Beziehung. Das lohnt sich. Alles andere sind eher Ausweichbewegungen. Ganz offensichtlich bist Du mit einigen Widerständen gegen die Therapie an sich, die Art oder die Beziehung involviert. Kläre Dein Anliegen mit Deinen Behandlern. Bist Du noch nicht so weit, kläre mit ihnen, was Dir widerstrebt, Deinen Widerstand und Dein Misstrauen, eine Behandlung ernsthaft zu beginnen. Ist das noch nicht möglich, wirst Du die Beziehung zu den Therapeuten klären müssen. Vielleicht willst Du zur Zeit nicht wirklich an's Eingemachte und Therapie machen? Dann sind Pseudo- und Alibibemühungen vermutlich zunächst sinnlos.
"Normale" psychiatrische stationäre Behandlungen machen für Borderline-Depressive meist zunächst für Kriseninterventionen Sinn. Danach ist man vielleicht wieder am besten in einem stabilen ambulanten Behandlungsnetzwerk aus Psychotherapeuten, Hausarzt und Psychiater sowie eventuell Betreuer aufgehoben. Es gibt aber Spezialkonzepte von freiwilligen Langzeitbehandlungen in psychotherapeutischen Kliniken. Die Patienten leben in einer Art Lebensgemeinschaft und haben strukturierte Programme. Diese helfen der kognitiven Seite des Patienten, bei den zu erwartenden emotionalen Achterbahnfahrten durchzuhalten und auf Kurs zu bleiben, auch wenn es immer wieder sehr schwer fällt. Hier hilft der Verstand, sich einer Therapie anzuvertrauen, die gefühlsmäßig immer wieder aufgrund der fehlenden eigenen Konstanz unterschätzt und überschätzt, entwerten und zu hoch gelobt wird.
Kontinuierliches, hartes Arbeiten an sich selbst und seinen Zielen benötigt Struktur, Verstand, Beistand. Daraus wird dann eine fühlbare Realität im Gegensatz zum Gefühl der Derealisierung. Wenn Du etwas ändern willst und Dich auf den Weg der Heilung begeben möchtest, verbinde Dich mit den Teilen Deines Denkens und Fühlens, die diesen Weg in eine positive Veränderungsrichtung gehen möchten und nicht mit den Dir schon sattsam bekannten Anteilen, die Dich selbst und alle anderen schlecht machen, die Dich runter ziehen, die Dir einreden wollen, dass alles sinnlos ist, dass es keine Liebe gibt, kein Vertrauen, keine Schönheit usw. Tust Du immer das Gleiche, kommt nichts Neues dabei heraus.
Mache Dir klar, dass Du nicht nur diese negativen Anteile und Stimmen in Dir hast, sondern auch das Gute und Schöne. Du trägst auch schon die Lösungen Deiner Probleme in Dir, vielleicht noch völlig verdeckt und unbekannt. Geh mit Deinem therapeutischen Gegenüber auf Entdeckungsreise. Die Unkenstimmen des Schlechten sind aus körperpsychotherapeutischer Sicht Produkte eines Teils Deines so genannten "Charakters", einer Lebensweise, die unbedingt recht behalten will, nämlich in diesem Falle, das alles Mist ist und Du niemandem wirklich vertrauen kannst, vor allem Dir selbst nicht. Identifiziere Dich nicht weiter damit, sondern verbünde Dich mit der anderen Seite. Wenn Du unterwegs strauchelst und hinfällst, stehe wieder auf und begrüße jede weitere Chance, die alte Unke eines Besseren zu belehren. Das Leben kann schön sein und sich lohnen.
Viel Erfolg, Michael